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06/II/2018 Präzisierung des Vergabegesetzes des Landes zum Schutz von Arbeits- und Sozialstandards

28.09.2018

Im Vergabegesetz des Landes Brandenburg muss bei einem Betreiberwechsel im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) bzgl. der Arbeits- und Sozialbedingungen eine „Muss-Bestimmung“ zum Betriebsübergang festgeschrieben werden. Die bisherigen Beschäftigten müssen beim Leistungsübergang auf andere Betreiber einen Weiterbeschäftigungsanspruch zu den bestehenden Arbeits-­ und Sozialbedingungen haben. Einschränkungen bei länderübergreifenden Vergaben sind aufzuheben.

Gleichzeitig ist der Vergabemindestlohn so zu gestalten, dass sich rechnerisch im Alter eine Rente über Grundsicherungsniveau ergibt. Die Berechnung ergibt sich aus 45 Beitragsjahren in Vollbeschäftigung. Auf Empfehlung der Brandenburger Mindestlohnkommission (August 2018) soll die Lohnuntergrenze bei öffentlichen Aufträgen im Land Brandenburg auf 10,50 Euro pro Stunde erhöht werden. Zudem wird dieser Betrag ab 1. Januar 2020 jeweils um den Prozentsatz erhöht, um den sich der allgemeine Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz des Bundes erhöht. Diese Empfehlung wird begrüßt. Sie geht in die richtige Richtung.

05/II/2018 Bessere Durchsetzung von Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt durch wirksame Kontrollen des Arbeits- und Sozialrechts

28.09.2018

„In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständig wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt“ so lautet der erste Satz des § 1 im Betriebsverfassungsgesetz. Dieses Gesetz gilt für Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland und hat in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich dazu beigetragen, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland eine dermaßen erfolgreiche Wegstrecke zurücklegen konnte. Die Beteiligung der Beschäftigten und ihrer gewählten betrieblichen Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter auf Augenhöhe ist einer der Garanten für die Motivation und Wertschätzung der Belegschaften, letzten Endes also ein ganz wesentlicher Bestandteil einer wirtschaftlich erfolgreichen Unternehmenskultur.

In den letzten Jahren sehen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer allerdings immensem Druck durch Arbeitgeber ausgesetzt. Insbesondere in Betrieben, in denen erstmalig Betriebsratswahlen angestoßen werden sollen, werden Beschäftigte unter Druck gesetzt. Dabei werden vielfältige Methoden, die durch Arbeitgebervertreter_innen anwendet werden, sichtbar. Oftmals werden die Menschen, die eine Betriebsratswahl anstoßen wollen, mit der Entziehung ihrer Existenzgrundlage bedroht. Diese Bedrohungen reichen von Verlust des Arbeitsplatzes über die Kürzung von Löhnen und Gehältern bis hin zur Beschattung durch beauftragte Detekteien sowie der Nötigung von Familienangehörigen unter dem Motto: „Wissen sie eigentlich das ihr Partner im Betrieb eine Betriebsratswahl einleiten will und fast vor der Arbeitslosigkeit steht?“. Leider kommt es, glücklicherweise selten, aber dennoch auch vor, dass Kolleginnen und Kollegen sogar körperlich bedroht werden, wenn sie ihre ureigenen gesetzlich verbrieften Rechte in o.g. Sinne in Anspruch nehmen wollen.

Das alles sind Zustände, die lediglich einen Bruchteil der Vorkommnisse, denen sich die Kolleginnen und Kollegen nahezu täglich ausgesetzt sehen, widerspiegeln. Das Betriebsverfassungsgesetz spricht im Paragraphen 119 von Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane. Der Paragraph selbst sieht eine Strafe von bis zu einem Jahr Gefängnis oder Ordnungsgeld vor. Das sind Regelungen, die sehr begrüßenswert sind, in der Praxis allerdings sehr selten greifen. Als Gründe dafür sehen wir die teils übermäßig hohe Auslastung der Staatsanwaltschaften sowie die Tatsache, dass das Thema oftmals schlicht unterbeleuchtet ist. Letztlich werden Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane auch aufgrund der Handlungslosigkeit von staatlicher Seite eher als Kavaliersdelikt denn als Straftat begriffen.  Aus diesen Gründen fordern wir das Thema Gründung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Straftaten gegen Betriebsverfassungs- aber auch Personalvertretungsorgane im Kontext des Wahlprogrammes zur Landtagswahl 2019 im Land Brandenburg aufzunehmen. Straftaten gegen betriebliche Interessenvertretungen der Arbeitnehmer_innen müssen endlich konsequent verfolgt und geahndet werden, sodass die Durchführung von Wahlen im gesetzlichen Sinne sowie die Arbeit als Interessenvertretung in allen Betrieben und Unternehmen auch im Land Brandenburg zur Normalität ohne Angst der Beschäftigten werden.

04/II/2018 Mindestlohn durchsetzen - Altersarmut verhindern

28.09.2018

Seit 2015 gilt endlich auch in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn. Die Einführung dieser Absicherung von Löhnen war längst überfällig, denn in den meisten Ländern Europas gibt es schon länger einen gesetzlichen Mindestlohn.

Mit dem Mindestlohn soll der Wert der Arbeit gestärkt und sichergestellt werden, dass es eine Absicherung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt.

Aktuelle Untersuchungen zeigen aber, dass auch drei Jahre nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns die Höhe nicht nur zu niedrig ist um Armut im Alter zu verhindern, sondern auch, dass immer noch viele Schlupflöcher genutzt werden, um in einigen Branchen die Zahlung des Mindestlohns zu umgehen und auszuhebeln. So können Langzeitarbeitslose für 6 Monate noch unterhalb des Mindestlohnes beschäftigt werden und mangels ausreichender Kontrolldichte werden Beschäftigte durch Arbeitszeitmanipulation und anderer Umgehungstatbestände um den Mindestlohn geprellt.

Wir fordern daher:

  1. Eine personelle Verstärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit und des Zolls, um eine höhere Kontrolldichte zu gewährleisten.
  2. Eine engere Kooperation mit den Rentenversicherungsträgern und der Krankenversicherung, um über die verstärkte Kontrolle der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen Betrug aufzudecken.
  3. Die Dokumentationspflichten der Arbeitgeber auf Unstimmigkeiten zu überprüfen und ggfs. vorhandene Lücken zu schließen.
  4. Die Arbeit der Mindestlohnkommission durch bessere Rahmenbedingungen zu erleichtern, um dem Ziel der Verhinderung von Armut näher zu kommen.

37/II/2018 Öffnung der gesetzlichen Krankenversicherung für Beamte

21.09.2018

Der SPD-Landesverband Brandenburg befürwortet die Öffnung der gesetzlichen Krankenversicherung für zukünftige Beamtinnen und Beamte. Die SPD-Landtagsfraktion und die SPD-Ministerinnen und Minister der Landesregierung werden aufgefordert, mit dem Koalitionspartner eine gesetzliche Neuregelung dahingehend vorzubereiten, dass zukünftige Beamtinnen und Beamte in Brandenburg anstelle eines Anspruchs auf Beihilfe (neben der privaten Krankenversicherung) auch einen entsprechenden Anteil des Beitrags zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung erstattet bekommen können. So werden die finanziellen Nachtteile für Beamtinnen und Beamte, die freiwillig gesetzlich versichert sind, ausgeglichen und das Land spart für diese Beamt-/ innen die Beihilfeausgaben.

56/II/2018 Einführung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge

21.09.2018

Der SPD-Landesverband Brandenburg befürwortet die Einführung sogenannter wiederkehrender Straßenbaubeiträge als zulässige Alternative zur Erhebung einmaliger Straßenausbaubeiträge. Die SPD-Fraktion im Landtag Brandenburg und die SPD-Ministerinnen und Minister der Landesregierung Brandenburg werden aufgefordert, sich für diese Ergänzung im Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg in der Koalition einzusetzen.

60/II/2018 Grenzen verbinden: Unsere Strategie für die deutsch-polnischen Bahnverbindungen

21.09.2018

1. Die Bahninfrastruktur und das Bahnangebot an Fernzügen und umsteigefreien Regionalverbindungen zwischen der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg und Polen entsprechen derzeit noch nicht einem modernen europäischen Standard. Haupthindernis ist der unzureichende Zustand der Infrastruktur, für welche der Bund die Verantwortung trägt. Die SPD Brandenburg spricht sich daher für einen zeitnahen Ausbau der Bahninfrastruktur aus. Hierzu zählen:

  • Die Herstellung der Zweigleisigkeit, Elektrifizierung und Ausbau auf Tempo 160 km/h der Bahnlinie (Berlin)-Angermünde-Tantow-Szczecin, sowie Erhöhung der Kapazitäten auf der Zulaufstrecke Berlin-Eberswalde-Angermünde.
  • Die Wiederherstellung der Zweigleisigkeit, Elektrifizierung und Ausbau auf Tempo 160 km/h der „Ostbahn“ Berlin-Kostrzyn nad Odra-(Gorzów-Piła-Gdánsk/Kaliningrad), auch als Entlastungsroute im Rahmen des „Rail Baltica-Konzepts“.
  • Die weitere Beschleunigung und Erhöhung der Kapazitäten auf der Linie Berlin-Frankfurt (Oder)-Rzepin-(Poznań/Zielona Góra).
  • Die infrastrukturelle Sicherung der Bahnstrecke (Cottbus)-Guben-Gubin-Zielona Góra, auch um mittelfristig wieder Schienenpersonenverkehr auf dieser Strecke betreiben zu können.
  • Die infrastrukturelle Sicherung der Bahnstrecke Cottbus-Forst-Żary-Legnica und Ausbau im Rahmen eines Langfristperspektive.
  • Die durchgehende Elektrifizierung, Herstellung der Zweigleisigkeit, Kapazitätserhöhung und Ausbau auf mindestens 160 km/h der Linie (Berlin-BER)- Lübbenau-Cottbus-Spremberg-Weißwasser-Węgliniec-(Wrocław)-/Görlitz-(Jelenia Góra).
  • Der Wiederaufbau der „Karniner Hubbrücke“ und der Bahnstrecke Ducherow-Usdom- Świnoujście Centrum zur schnellen Anbindung der Stadt Świnoujście und der „Dreikaiserbäder“ auf der Insel Usedom an die Region Berlin-Brandenburg.

Die SPD Brandenburg fordert daher den Bund auf, seine infrastruktuelle Verantwortung für die Bahn im Falle der genannten Strecken aktiv wahrzunehmen und eine zeitgemäße Bahninfrastruktur zwischen Deutschland und Polen zu schaffen.

2. Um eine optimale Einbindung der Region und Entwicklung des grenzüberschreitenden Fernverkehrs zu unterstützen, fordert der SPD-Landesverband Brandenburg die Benennung einer bzw. eines „Schienenfernverkehrsbeauftragten“ im Verkehrsministerium des Landes Brandenburg, die bzw. der sich aktiv um die Verbesserung der Fernverkehrsangebote im Land auch jenseits von Berlin, sowie im Rahmen multilateraler Kompetenzen um die Verbesserung des Fernverkehrs der Region Berlin-Brandenburg in Richtung Osteuropa kümmert.

3. Zur Verbesserung des grenzüberschreitenden ÖPNV hält die SPD Brandenburg eine Intensivierung der bereits guten Zusammenarbeit zwischen dem VBB und den benachbarten Wojewodschaften (Lubuskie, Dolnośląskie, Zachodniopomorskie) für erforderlich. Die grenzüberschreitenden Angebote des VBB sind im Rahmen dieser Kooperation zu vertiefen. Maßgeblich ist, dass parallel zur Fernverkehrsentwicklung auch das grenzüberschreitende SPNV-Angebot deutlich verbessert wird, die Zahl durchgehender Direktverbindungen aus Berlin bzw. wichtigen Brandenburgischen Städten zu den grenznahen Metropolstädten in Polen weiter erhöht wird und die Züge sowohl in Deutschland als auch in Polen möglichst optimal in das Verkehrsangebot anschließender Zug-, Tram- bzw. Busverbindungen eingepasst werden. Kein Umsteigen mehr in Grenzbahnhöfen. Nach dem Vorbild des Berlin-Stettin-Tickets und des Kulturzugtickets sind entsprechende Fahrkartenangebote auch für weitere Verbindungen in grenznahe polnische Städte zu entwickeln, die Reisen zwischen den Verkehrsverbünden ermöglichen und im ÖPNV in den erreichten Städten anerkannt werden.

4. Um diese grenzüberschreitenden Verbindungen im Regionalverkehr sicherstellen zu können, sind Schienenfahrzeuge notwendig, die für die unterschiedlichen Stromsysteme beider Länder (Gleich- bzw. Wechselstrom) und den unterschiedlichen Zugsicherungssystemen („INDUSI“ und „SHP“) ausgestattet sind. Daher spricht sich die SPD Brandenburg für die Prüfung von Modellen einer deutsch-polnischen betreiberneutralen Fahrzeugbereitstellung (Elektro-, Diesel, bzw. Hybridfahrzeuge) aus, welche den mit dem grenzüberschreitenden Verkehr beauftragten Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Verfügung gestellt wird und die bei „Betreiberneutralität“  bei der Europäischen Union förderfähig sind.

5. Um die Leistungsfähigkeit der Transeuropäischen Bahnkorridore zu steigern, sowie grenzüberschreitenden Verkehr zu erleichtern und kostengünstiger zu gestalten, wird die SPD-Bundestagsfraktion aufgefordert, sich beim Bundesverkehrsminister für eine zeitnahe Ausstattung der Bahnstrecken Berlin-Stettin und Magdeburg-Potsdam-Frankfurt/Oder (Staatsgrenze) einschließlich der überlasteten Berliner Stadtbahn  mit dem Europäischen Zugsicherungs- und Leitsystem ETCS einzusetzen. Perspektivisch sollte auch die Verbindung Berlin-Cottbus-Horka-Görlitz mit ETCS ausgestattet werden.

13/II/2018 Gleichberechtigung im Sorgerecht trotz Trennung

19.09.2018

Wir fordern den SPD-Landesvorstand auf, sich mit der Ungerechtigkeit im Unterhaltsrecht zu befassen. Das aus den 1950er Jahren stammende Unterhaltsrecht entspricht nicht unserer heutigen Lebensrealität. Getrennte Elternpaare brauchen mehr Flexibilität bei der Kinderbetreuung und der Verteilung der Kosten. Nach bestehendem Recht orientiert sich die Rechtsprechung vorwiegend am Residenzmodell, wonach ein Elternteil die Erziehung weitgehend alleine übernimmt, während der andere Elternteil den Unterhalt leistet. Im Unterhaltsrecht gibt es keine Lösungsansätze, wenn beide Eltern ihre Kinder getrennt, aber gemeinsam betreuen.

Der Landesvorstand möge alle notwendigen Initiativen ergreifen, um die Rechte von sorgeberechtigten, aber nicht mit dem Kind in einem Haushalt lebenden Elternteilen zu stärken und deren Teilhabe am Leben des Kindes sozialverträglicher zu gestalten. Hierzu zählen u. a. (nicht abschließend) das Wechselmodell als Regelumgang mit dem Kind, die Abschaffung des Status „Alleinerziehend“, die steuerliche Berücksichtigung von Fahrtkosten (Holen und Bringen des Kindes), die Anrechnung von Umgangs- und Betreuungszeiten auf den Unterhalt, die Möglichkeit der Beratung in Unterhaltsfragen durch das Jugendamt, wie auch die verpflichtende Mitwirkung zur Kommunikation beider Elternteile gegenüber dem zuständigen Jugendamt.

76/II/2018 Änderung der Satzung § 15 Abs. 1 ff. Aufgaben

19.09.2018

Abs. 1 wird wie folgt ergänzt:

Der Landesvorstand leitet den Landesverband. Er vertritt den Landesverband und koordiniert die politische und organisatorische Tätigkeit der SPD in Brandenburg und ist für die Ausführung der Beschlüsse des Landesparteitages verantwortlich. Er unterbreitet, im Benehmen mit den Unterbezirken, den Vorschlag für die Landesliste an die Landesdelegiertenversammlung. Hierfür ist eine 6-Wochenfrist zu beachten. Er leitet die nach Landtagswahlen notwendigen Verhandlungen über die Regierungsbildung ein und ist zuständig für damit verbundene personelle Überlegungen sowie für personelle Vorschläge an die SPD-Landtagsfraktion. Er kann Berichte anfordern und Abrechnungen verlangen. Er kann Arbeitskreise und Kommissionen einberufen. Die Mitglieder des Landesvorstandes haben das Recht, an allen Zusammenkünften der Gliederungen der Partei im Landesverband teilzunehmen.

Es wird ein neuer Absatz 2 eingefügt:

Der Landesvorstand bereitet die Landtagswahlen vor und ist verantwortlich für deren Durchführung. Er koordiniert Vorbereitung und Durchführung der Kommunalwahlen.

Es wird ein neuer Absatz 3 eingefügt:

Der Landesvorstand bündelt die regionalen Kräfte für landesweite Kampagnen und unterstützt die Erarbeitung aller landespolitischen Initiativen und landespolitischen Entscheidungen der SPD. Er vertritt die landespolitischen Interessen der SPD auf Bundesebene. Er ist für die Qualifikation der ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SPD zuständig.

Der bisherige Absatz 2 wird der neue Absatz 4.

Der bisherige Absatz 3 wird der neue Absatz 5.

Der bisherige Absatz 4 wird der neue Absatz 6.

75/II/2018 Änderung der Satzung § 14 Abs. 1 Landesvorstand

19.09.2018

Streiche folgenden Satz:

Der Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Landespolitik.

53/II/2018 Konzept zur langfristigen Personalgewinnung und -entwicklung in der Justiz des Landes Brandenburg

19.09.2018

I. Die Bedeutung des Justizbereichs und seine Rezeption in der öffentlichen und politischen Wahrnehmung

Der Justizbereich steht in der Regel nicht besonders im öffentlichen Interesse. Ins Interesse rückt er allerdings dann, wenn etwas „schief geht“. Ähnlich – so scheint es manchmal – steht es leider auch um das politische Interesse am Justizbereich. Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und DIE LINKE im Landtag Brandenburg für die 6. Legislaturperiode (2014-2019) beispielsweise sieht die Schaffung von Einstellungskorridoren vor.

Dennoch: Die Justiz ist die „Dritte Gewalt“. Sie ist von herausragender Bedeutung für den Rechtsstaat und damit für die Demokratie. Und sie ist oft von unschätzbarer persönlicher Bedeutung für jene, die sich an sie wenden oder ihr anvertraut werden.

Wer sich die Aufgaben der Justiz verdeutlicht, muss anerkennen, dass die Justiz zur Erfüllung Ihrer Aufgaben zumindest hinreichend sachlich und personell ausgestattet werden muss. Was nicht heißt, dass nicht auch die Justiz mit Ihren Ressourcen sparsam umgehen soll.

II. Aktuelle Probleme Justiz im Land Brandenburg im Bereich Personal

Dieses Konzept soll die Möglichkeit einer langfristigen Personalgewinnung und -entwicklung in dem Blick nehmen. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen in der SPD Brandenburg (ASJ Brandenburg) sieht in einer langfristigen Personalentwicklung den Schlüssel für eine effektive, schnelle und qualitativ hochwertige Justiz. Dabei steht die Justiz im Land Brandenburg derzeit vor erheblichen Herausforderungen:

Die Verwaltungsgerichte haben Berge an Asylverfahren zu bewältigen. Gleiches gilt im Wesentlichen auch für die anderen Gerichtszweige. Die Aufstockung der Polizei führt auch bei den Staatsanwaltschaften zu höheren Verfahrenszahlen. Wirtschaftsstrafsachen werden immer komplexer und binden enorme Kapazitäten. Werden sie „verschleppt“ führt dies aber in der Bevölkerung schnell zu dem Gefühl, dass die „Großen ohnehin immer davonkommen“. In der Sozialgerichtsbarkeit besteht zudem trotz höchster Arbeitsbelastung ein Stau bei der Besetzung von Beförderungsstellen, obwohl diese bereits teilweise seit 2012 ausgeschrieben wurden bzw. ausschreibungsfähig sind. Nicht zuletzt deshalb steigt auch in Brandenburg die Unzufriedenheit unter den Beschäftigten und die Krankenstände.

Hinzu kommt, dass das Personal, das die Justiz des Landes Brandenburg nach der Wende mit gestaltet und geprägt hat, in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen wird. Damit einher geht, dass das Wissen dieser erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergegeben werden muss, damit die Nachfolgenden davon profitieren können. Das macht Übergänge notwendig.

Gleichzeitig erkennen zahlreiche Bundesländer und der Bund die Defizite in der Justiz und steuern mit der teilweise erheblichen Einstellung von Juristinnen und Juristen gegen. Damit wird auch Brandenburg sich dem Wettbewerb auf einem begrenzten Markt stellen müssen.

Dabei muss Brandenburg, anders als beispielsweise Berlin, auch die Fläche mit einer wahrnehmbaren Justizpräsenz versorgen. Dieses Problem stellt sich im Übrigen nicht nur im richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Dienst. Auch im Bereich der sonstigen Dienste wird es in Zukunft erforderlich werden, ausreichend Personal an allen Standorten zu gewinnen und auch auf Dauer zu halten. Denn ohne die vielen fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die an den unterschiedlichsten Stellen der Justiz – sei es als Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, als Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher, als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Geschäftsstellen, in den Kanzleien und im Wachtmeisterdienst – können die Gerichte und Staatsanwaltschaften ihren Aufgaben nicht nachkommen.

Zudem werden auch in Zukunft auf Landesebene, im Bund und in internationalen Organisationen (Spitzen-) Positionen zu besetzen sein. Die Besetzung dieser Positionen mit qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der Brandenburgischen Justiz setzt aber voraus, dass potentiellen Bewerberinnen und Bewerbern frühzeitig die Gelegenheit eingeräumt wird, sich das für derartige Positionen erforderliche Fachwissen anzueignen. Hierfür erscheint – neben den Abordnungen im Land an die Obergerichte, die Generalstaatsanwaltschaft oder die Ministerien – die Schaffung zusätzlicher Möglichkeiten, derartige Erfahrungen an den Bundesgerichten, der Bundesanwaltschaft, den Bundesministerien oder in Europäischen oder internationalen Organisationen zu sammeln, unabdingbar.

III. Lösungsansätze – von den Chancen einer weitsichtigen Personalpolitik für die Justiz

Ziel des vorliegenden Konzeptes ist es, sich den genannten Herausforderungen kurz-, mittel- und langfristig zu stellen. Es soll dabei skizzieren, wie die Ziele …

  • ausreichende Gewinnung von qualifiziertem Personal auch in den Regionen,
  • Abbau von Verfahrensaltlasten ohne Aufbau von dauerhaften Personalüberhängen,
  • eine geordnete Wissensübergabe von ausscheidenden auf nachrückende Juristen,
  • effektive Nachwuchsförderung und -qualifizierung (evtl. auch länderübergreifend),
  • verstärkte Ausbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im nichtrichterlichen und nichtstaatsanwaltschaftlichen Dienst, die möglichst dezentral erfolgt, damit an den Standorten Personal gewonnen werden kann, dass sich mit der Region identifiziert und in dieser bleiben möchte,
  • Abschaffung befristeter Arbeitsverträge und Übergang in Dauerbeschäftigungsverhältnisse im nichtrichterlichen und nichtstaatsanwaltschaftlichen Dienst, denn nur so kann qualifiziertes Personal nachhaltig gewonnen und gehalten werden

erreicht werden können. Die ASJ Brandenburg schlägt daher folgende zeitlich aufeinanderfolgende Maßnahmen vor:

1. Sofortmaßnahmen:

  • Die mittelfristige Personalbedarfsplanung für den Geschäftsbereich der Justiz ist (unter Berücksichtigung von Abordnungen, etc.) so auszugestalten, dass die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Einstellungskorridore besetzt werden können. Dies bedeutet zumindest für mehrerer Jahre eine Stellenbesetzung über dem (nach Pebb§y ermittelten) Personalbedarf.
  • Im Richtergesetz soll die Ermöglichung der Verlängerung der Arbeitszeit über die Ruhestandsgrenze hinaus geprüft werden.
  • Richterinnen und Richter können aus guten Gründen – zur Sicherung ihrer richterlichen Unabhängigkeit – nur unter engsten Voraussetzungen versetzt werden. Bei Änderungen im Geschäftsanfall – etwa weil in einer Gerichtsbarkeit die Eingangszahlen zurückgehen – führt dies dazu, dass die so entlasteten Richter in anderen Gerichtsbarkeiten nicht aushelfen können. Unter Beachtung der richterlichen Unabhängigkeit soll daher in engen Voraussetzungen die Möglichkeit geschaffen werden, Richterinnen und Richter zum zeitlich beschränkten Ausgleich von Belastungsspitzen in andere Gerichte oder in einen anderen Gerichtszweig zu versetzen.
  • Wir begrüßen ausdrücklich die Absicht der Landesregierung durch Änderung von § 1 Abs 1 Nr 1 ZuSozV die vier Sozialgerichte in Brandenburg zukünftig als Präsidialgerichte auszugestalten, womit auch wir eine deutliche Qualitätsverbesserung für die Bürgerinnen und Bürger in den Regionen verbinden.

3. Langfristige Ziele (bis zum Ende der 7. Legislatur 2024):

  • Transparenz hinsichtlich der Stellen und Stellenanteile, Besetzungen und Abordnungen etc. seitens des Ministeriums der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz des Landes Brandenburgs (MdJEV) im Rahmen der datenschutzrechtlichen Gesetze
  • Aufbau einer gezielten Nachwuchsförderung
  • Berücksichtigung von Diensten in der Brandenburgischen Peripherie als hartes Kriterium bei Beförderungen
  • Zügige Nachbesetzung der frei werdenden Stellen. Hierfür ist auch ein effektives Nachbesetzungsmanagement einzuführen.

3. Mittelfristige Anpassungen (Vereinbarung im Koalitionsvertrag und Umsetzung nach der Landtagswahl 2019):

  • Abarbeitung der Altverfahren
  • Führender Platz bei der Verfahrenslaufzeit im Bundesvergleich

Zur Umsetzung der in diesem Konzept genannten Ziele spricht Seitens der ASJ Brandenburg einiges dafür, nach der Landtagswahl 2019 die Besetzung der Finanz- und Justizressorts durch die SPD anzustreben.

Weiche Faktoren:

  • Planbarkeit der Personalentscheidungen
  • Personal muss langfristig gebunden werden
  • Verbesserung des Betriebsklimas
  • Die Einführung von Betriebskindergärten und -kitas wird geprüft
  • Das betriebliche Gesundheitsmanagement wird weiter gestärkt

Harte Faktoren:

  • Gehalt: Solange es weiterhin auf Bundesebene keine – anstrebenswerte – einheitliche Richterbesoldung gibt, sollte Brandenburg bestehende Nachteile durch eine gegenüber den Nachbarländern höhere Besoldung ausgleichen
  • Probleme bei der Juristengewinnung (Alle Bundesländer stellen ein – der Markt wird „leergekauft“)
  • Nutzung der Möglichkeit der Versetzung oder Suche nach kreativen Lösungen
  • Chancen der Digitalisierung
  • Abordnungen (u.a. in die Bundesverwaltung, an die Bundesgerichte, die Bundesanwaltschaft, oder in Europäische oder internationale Organisationen oder ins MdJEV) sollten zur Personalentwicklung genutzt und nicht vermieden werden, um das Personal zusammenzuhalten. Für abgeordnete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist an den jeweiligen Standorten Ersatz zur Verfügung zu stellen.
  • Personalbedarf wird nach PEBB§Y nach dem Vorjahresbedarf berechnet, auch wenn die Bedarfe sich zwischenzeitlich nachhaltig und nachweislich verändert haben. Das ist zu unflexibel
  • PEBB§Y Personalzahl berechnet nur Mindestbedarf. Wenn einer fehlt wird’s eng.
  • Zügige Nachbesetzung von Personalstellen

Ungewöhnliche Wege gehen:

Die Justiz kann für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Diensten dadurch attraktiver werden, dass sie Lösungen für die Alltagsprobleme ihres Personals bereitstellt. Denkbar wären insofern Kinderbetreuungseinrichtungen (etwa in den Gerichtszentren), die Unterstützung bei der Wohnungssuche, dem Verkehrsmittel o.ä. – kurz: die Justiz muss als Arbeitgeber attraktiver sein, als die Mitbewerber auf dem Arbeitsmarkt (und dies gilt nicht nur für Richterinnen und Richter/Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sondern im besonderen Maße auch für das Personal mit geringerem Einkommen).

Seitens des Ministeriums der Justiz, für Europa und Verbraucherschutz bedarf es kreativerer Lösungen bei der Bewirtschaftung des Stellenplans für die dem Haus nachgeordneten Behörden.