Diese „falschen Fakten“ nennen sich „Fake News“. Große Anteilnahme an der Verteilung von Fake News nahmen dabei sogenannte Bots bzw. Fake Accounts. Gerade in Zeiten von Wahlkämpfen wurden dabei ganze Netzwerke von Bots und Fake Accounts aktiv. So beispielsweise auch im Europawahlkampf. Dabei wurden anonyme Konten eingerichtet, die Zehntausende Tweets für die AfD absetzten. Die Konten sind zumeist simpel aufgebaut, sodass ein Profilbild meist eine Montage ist oder gar geklaut wurde. Ein Beispiel dafür ist ein Twitteraccount mit dem einfachen Namen „KrippMarie“. Dieser Account setzte seit 2013 bis zum Europawahlkampf bereits 222.000 Tweets ab und verwendete als Profilbild ein Bild, welches auf einem brasilianischen Blog veröffentlicht wurde. Anfangs verbreitete der Account vor allem Tweets der „Deutschen Wirtschaftsnachrichten“ oder der russischen Auslandsmedien. Nachfolgend begann das Benutzerkonto damit, nur noch Posts der AfD zu retweeten. Dies führte schließlich in eine Endlosschleife, da neuere Konten nun die Tweets von „KrippMarie“ retweeteten. So bekommen Fake Accounts eine enorme Reichweite in der rechten Szene und im gesamten sozialen Netzwerk.
Bei diesem gezielten Verbreiten von Hasskommentaren und unrichtigen Fakten und Nachrichten handelt es sich um einen sogenannten „Infokrieg“. Im rechten Milieu werden diese Methoden als normale Manöver in den Zeiten der Digitalisierung angesehen. Dass durch solche gestreuten, undurchdringlichen Posts aber auch die Menschen auf Grundlage von falschen Annahmen manipuliert werden, wird dabei nicht beleuchtet. Diesbezüglich müssen in der Gesellschaft, im Strafrecht und in der Justiz Veränderungen geschaffen werden.
Bekämpfung von Hass im Netz
Die aktuellen Zahlen zu Hasskriminalität im Netz haben ein enormes Ausmaß angenommen, dass dazu führt, dass Polizei und Justiz die Menge an Straftaten schlichtweg kaum noch bewältigen können. Daher sind dringende Investitionen in Justiz und die Ermittlungsbehörden nötig, um die Strafverfolgung auch auf digitalen Plattformen sicherzustellen. Die Entscheidung darüber, ob Inhalte als strafbare Inhalte einzuordnen sind oder nicht, obliegt nicht den Betreibenden der digitalen Plattformen, sondern stellt eine ureigene Aufgabe der Staatsgewalt dar.
Der Staat muss daher auf sämtlichen Plattformen niedrigschwellig zu erreichen sein. In der analogen Welt ist der Staat mit seinen Organen an Orten und bei Ereignissen von denen konkrete Gefahren für Leib und Leben ausgehen bzw. die freie Meinungsäußerung geschützt werden soll längst präsent. Diese Präsenz ist im digitalen Raum selten bis gar nicht gegeben. In der Folge werden verschiedene Minderheiten Opfer von rassistischer Hetze, ohne dass ihnen der Staat in diesen Situationen einen angemessenen Schutz bietet und die Täter*innen nach rechtsstaatlichen Verfahren verurteilt werden. In der Debatte um Hasskriminalität darf es keine Abwägung zwischen Sicherheit und Freiheit im Netz geben. Aus diesem Grund lehnen wir eine Klarnamenpflicht im Internet konsequent ab, da sie keinerlei praktischen Schutz vor Hasskriminalität hervorbringt und im Zweifel Aktivist*innen und Whistleblower, die eben diese Missstände aufdecken wollen der Willkür von Regimen ausliefert. Deswegen fordern wir als Alternative, dass die Betreiber*innen von digitalen Plattformen eine “Online-Wache” direkt anbieten, auf denen Beiträge direkt zur Strafverfolgung angezeigt werden können. In der Folge haben Ermittlungsbehörden die Möglichkeit, direkt und unbürokratisch die Möglichkeit die Beiträge einzusehen.
Im Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Netz ist die Meldepflicht von möglicherweise strafbaren Beiträgen für Betreibende von sozialen Medien an das Bundeskriminalamt ein erster Schritt um auch die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, dennoch darf die Beurteilung welche Inhalte potenziell strafbar sein könnten, nicht nur den Betreiber*innen überlassen werden.
Prävention von Hasskrimininalität
Neben einer Strategie zur direkten Bekämpfung von Hasskriminalität und Falschnachrichten mit Hilfe des Strafrechts erachten wir es als notwendig, für eine hohe Medienkompetenz zu sorgen. Hier soll in der Schule angesetzt werden. Das Lernen der Funktionsweise digitaler Medien und der Umgang mit ihnen, sowie eine kritische und differenzierte Betrachtung dieser können zu einem verbesserten Umgang mit deren Inhalten beitragen. Zum Beispiel im Umgang mit Falschnachrichten. Die aktuelle Beschlusslage der Kultusministerkonferenz (KMK) sieht eine fächerübergreifende Medienbildung vor. Es fehlen jedoch oftmals konkrete Vorgaben, wie Inhalte vermittelt werden und Lernziele erreicht werden sollen. Fächerübergreifende Medienbildung hat den Vorteil, dass, wenn sie gut funktioniert, sie direkt an die Lerninhalte eines Faches anknüpft, jedoch den großen Nachteil, dass im ungünstigsten Fall in keinem Unterrichtsfach genügend Kompetenz vermittelt wird.
Ein eigenständiges verpflichtendes Schulfach „Informatik und Medienbildung“ gibt es derzeit nur in Mecklenburg-Vorpommern. In Berlin und Brandenburg immerhin ein „Basiscurriculum Medienbildung“ im Bereich der „Fächerübergreifenden Kompetenzentwicklung“. Wir fordern daher die Einrichtung eines Schulfaches Medienbildung/Medienkompetenz im Land Brandenburg. Des Weiteren fordern wir die Landesregierung dazu auf, sich auf Ebene der KMK für ein solches Fach einzusetzen.