„50 Prozent aller heute in Deutschland mit dem Auto zurückgelegten Wege sind unter 5 Kilometer lang, sogar 70 Prozent unter 10 Kilometer. Dies sind hervorragend mit dem Fahrrad zu leistende Entfernungen, insbesondere bei einer verstärkten Nutzung des Pedelecs.“ (ADFC)
Bis 2030 soll nach Willen des Landes Brandenburg klimabedingt der Anteil des Umweltverbundes (Fuß + Rad + Bus + Zug) am gesamten Verkehrsaufkommen von 40 Prozent auf 60 Prozent erhöht werden. Der Anteil des motorisierten Individualverkehrs soll dementsprechend von 60 Prozent auf 40 Prozent reduziert werden. Die unerwünschten Nebenwirkungen des Verkehrs (CO2-Emissionen, Lärm, Unfälle etc.) sollen nachhaltig gesenkt werden.
Dies hat eine erhebliche Zunahme von ÖPNV, des Fußgängerverkehrs und insbesondere des Fahrradverkehrs zur Bedingung. Um die Steigerung des Umweltverbundes zu erreichen, muss der Fahrradverkehr seinen Anteil bis 2030 von 2017 11 Prozent auf mindestens 22 Prozent verdoppeln. Der Fußverkehr und der ÖPNV müssen die andere Hälfte der Steigerung schaffen. Begründung hierfür ist, dass der motorisierte Individualverkehr erhebliche Umwelt- und Verkehrskosten der Gesellschaft verursacht, während ÖPNV nur mit der Hälfte der Kosten und Fahrrad- und Fußgängerverkehr nur mit einem sehr kleinen Bruchteil der Kosten die Gesellschaft belasten. Hinzu kommt, dass das Fahrradfahren sowie das Zufußgehen, im Gegensatz zu den anderen Verkehrsarten, die Gesundheit fördert und erheblich hilft, die gesellschaftlichen Gesundheitskosten zu senken.
Deshalb muss das Fahrrad in Brandenburg das effektivste und ökologische Alltagsfahrzeug für Entfernungen bis 15 Kilometer werden.
Motorisierter Verkehr, ÖPNV, Fahrradverkehr und Fußgängerverkehr sind gleichberechtigt zu behandeln.
Das heißt:
- der jeweils stärkere Verkehrsteilnehmende muss auf die Sicherheitsbedürfnisse des schwächeren Verkehrsteilnehmenden Rücksicht nehmen und sich entsprechend anpassen.
- das Qualitätsniveau für die jeweilige Verkehrsinfrastruktur ist gleichberechtigt zu betrachten, insbesondere bezüglich Sicherheit, Zügigkeit und Komfort.
Hinsichtlich dieser Aspekte gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen dem Kraftverkehr und Fahrrad- sowie Fußverkehr. Hier muss ein Ausgleich gefunden werden, da motorisierter Verkehr, Fahrradverkehr und Fußgänger unterschiedliche Geschwindigkeiten und Sicherheitsbedürfnisse haben. Nur wenn die Standards für den Fahrrad- und Fußverkehr angehoben werden, kann das oben genannte Ziel erreicht werden.
Aus Sicht der Brandenburger Sozialdemokratie sind folgende Ziele und Grundsätze für die Gleichberechtigung der Verkehrsarten umzusetzen:
- die Vision Zero (null Tote im Straßenverkehr);
- Verkehrsströme, Kreuzungen und Ampelanlagen sind so zu gestalten, dass die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden Vorrang vor Schnelligkeit und Bequemlichkeit hat;
- das Sicherheits- und Komfort-Niveau soll für die Verkehrsarten gleich hoch sein;
- die Verkehrsarten Kraftfahrzeug-, Fahrrad- und Fußgängerverkehr sollen dort, wo es möglich ist, getrennt sein;
- dort, wo der Verkehr nicht getrennt werden kann, also Mischverkehre nötig sind, hat die jeweils stärkere Verkehrsart auf die Sicherheitsbedürfnisse der schwächeren Verkehrsart Rücksicht nehmen;
- den Fußgänger ist vorrangig ein getrennter Verkehrsweg einzuräumen;
- bei Mischverkehren zwischen motorisiertem Verkehr und Fahrradverkehr darf die Höchstgeschwindigkeit innerorts nicht mehr als 30 km/h betragen.
Beim Ausbau des Fahrradverkehrs setzen sich die Brandenburger Sozialdemokratie für folgende Grundsätze ein:
- dem Fahrrad- und Fußverkehr ist deutlich mehr Platz einzuräumen; eine gerechte Mobilität verlangt, die Flächennutzung neu zu bewerten; die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) und die Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen (EFA) sind dabei anzuwenden;
- der Alltags- und Lastenverkehr mit dem Fahrrad sind verstärkt zu entwickeln und zu fördern;
- der touristische und der Erholungsverkehr mit dem Fahrrad haben für das Land Brandenburg eine hohe Bedeutung und werden weiter ausgebaut;
- es sind lückenlose und alle Orte verbindende Radwegenetze zu erstellen, die sicher, zügig, komfortabel und umweltverträglich in die Landschaft einzufügen sind;
- gemeinsam mit den Städten und Gemeinden sowie den Landkreisen hat das Land ein landesweites lückenloses Netz von Radvorrangrouten zu entwickeln, das alle wichtigen Quellen und Ziele des Radverkehrs umfasst und alle Orte und Ortsteile verbindet und erschließt und eine Reisegeschwindigkeit von 20 km/h ermöglicht;
- es ist ein landesweites Netz von Radschnellwegen zu bauen, welches alle größeren Orte und Gemeinden miteinander verbindet und eine Reisegeschwindigkeit von 25 km/h ermöglicht; eine enge Abstimmung mit dem Land Berlin ist zu gewährleisten;
- Radwegenetze sind auch unabhängig vom Auto-Straßen-Netz zu bauen;
- Radwege sind attraktiv zu gestalten, dabei sind neben Sicherheit, Komfortabilität und Schnelligkeit auch die Minderung von Lärm- und Abgasimmissionen sowie die Verbesserung des landschaftlichen Umfeldes zu berücksichtigen; auf die Belange des Naturschutzes ist Rücksicht zu nehmen;
- an Start- und Zielpunkten des Radverkehrs, wie Wohnstraßen, Bushaltestellen, Schulen, Arbeitsstellen oder Einkaufszentren, sind sichere und komfortable sowie ausreichende Abstellanlagen zu errichten, sowohl für Zwei- wie für Spezialräder die Schutz vor Diebstahl und Witterung bieten und das Be- und Entladen des Rades ermöglichen; hierfür sind die kommunalen Stellplatzsatzungen anzupassen und nur die den Kriterien entsprechende Fahrradabstellanlagen sind zu fördern;
- die Belange des Rad- und Fußverkehrs sind in einem neuen, verkehrsträgerübergreifenden Landesmobilitätsgesetz zu verankern; mit diesem Gesetz soll die rechtliche Möglichkeit geschaffen werden, Radwegebaulasten beim Land und bei den Landkreisen, dies auch jenseits von Landes- und Kreisstraßen, für landes- bzw. regionalbedeutsame Radwege einzurichten;
- bis die oben angegebenen Ziele erreicht sind, soll für die Radwegeinfrastruktur der Anteil an den Investitionen des Landes und der Kommunen in das Straßen- und Radwegenetz mindestens 25 Prozent betragen;
- Brandenburg als Hersteller von Mobilität soll sich auch in der Produktion von Fahrrädern und Radinfrastruktur engagieren; eine entsprechende Wirtschaftsförderpolitik ist zu entwickeln;
- Radwege sind sicher zu markieren und gut auszuschildern; die Radverkehrsverbindungen sind so auszuschildern, dass durchgehende Verbindungen eindeutig erkennbar sind; der Gestaltung der Übergänge zwischen den Netzabschnitten kommt dabei eine besondere Bedeutung zu; eine einheitliche Farbe für alle Radwege bietet klare Orientierung für alle Verkehrsteilnehmenden; um die Sicherheit auf den Radvorrangrouten und Radschnellverbindungen zu erhöhen, sind diese mit reflektierenden Seiten- und Mittenmarkierungen auszustatten.
Wir fordern die SPD-Landtagsfraktion und die SPD-Bundestagsfraktion dazu auf, in der Landes- und Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass Investitionen in das Radverkehrswegenetz nach diesen Prinzipien getätigt werden. Des Weiteren fordern wir die Landesregierung auf, den Kommunen bei der Umsetzung dieser Prinzipien für deren kommunales Radverkehrswegenetz planerische und finanzielle Hilfestellung zu leisten und für das Land Brandenburg einen rechtsverbindlichen Radverkehrsplan zu erstellen, der mit Berlin abgestimmt ist, und bei dessen Erstellung die Kommunen beteiligt werden.