Die Begrenzung der Anzahl von Ämtern und Mandaten im Rahmen der Verhaltensregeln der SPD für die Wahrnehmung von Ämtern, Funktionen und Mandaten[1], die mit Beschluss des Bundesparteivorstandes vom 17. Juli 2017 gemäß § 26 Abs. 4 Organisationsstatut im ersten Grundsatz festgehalten wurden, sollen in Brandenburg um die kommunale Ebene sowie den Vorsitz in Kommunalvertretungen und den Vorstand von Arbeitsgemeinschaften ergänzt werden.
Der Parteivorstand (2017: 4) hat beschlossen: „Auf Europa-, Bundes- und Landesebene darf ein Mitglied insgesamt nicht mehr als ein parlamentarisches Mandat innehaben. Daneben ist die Ausübung kommunaler Mandate möglich.“ Von der hier formulierten kommunalen Ausnahme soll in den Unterbezirken der Brandenburger SPD abgewichen werden. Mitglieder des Brandenburger Landtages sollen nicht gleichzeitig ein Mandat in der jeweiligen Kommunalvertretung bekleiden dürfen.
Außerdem sehen die Verhaltensregeln vor, dass „auf den Gliederungsebenen der Partei a. Unterbezirk/Kreisverband, b. Bezirk/Landesverband/Landesorganisation, c. Parteivorstand […] maximal zwei Vorstandsfunktionen wahrnehmbar“ (Parteivorstand 2017: 5) sind. In diese Begrenzung sollen in der Brandenburger SPD auch der Vorsitz in Ortsvereinen und Arbeitsgemeinschaften sowie der Fraktionsvorsitz in der jeweiligen Kommunalvertretung aufgenommen werden.
Beratende Mitgliedschaften sind von diesen Beschränkungen ausgenommen. Genoss*innen, deren Ämter und Mandate derzeit von diesen Begrenzungen abweichen, wird eine Übergangsfrist bis zum Ende der vorgesehenen Amts- bzw. Mandatszeit gewährt.
[1] https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Verhaltensregeln_SPD_Aemter_Funktionen_Mandate.pdf
Die Aussparung der kommunalen Ebene bei den Verhaltensregeln der SPD für die Wahrnehmung von Ämtern, Funktionen und Mandaten erscheint arbiträr. Schließlich wird auf den untersten Gliederungsebenen der Grundstein für die Förderung und Befähigung neuer potenzieller Amts- und Mandatsträger*innen auf den höheren Ebenen gelegt und hier treten die gleichen potenziellen Interessenskonflikte, Machtkonzentrationsprobleme und Überforderungsgefahren auf wie auf den höheren Ebenen. Aus diesen Gründen müssen die Anzahlbeschränkungen bei Ämtern und Mandaten auch auf der kommunalen Ebene greifen.
Verhinderung von Interessenskonflikten
Auch zwischen Kommunalvertretung und Landesparlament können Interessenskonflikte entstehen, die eine rein vom besten Wissen und Gewissen im Interesse der zu vertretenden Bürger*innen geleitete Ausübung des Mandats einschränken können. Solange die Gefahr besteht, dass für die eine Ebene objektiv unterstützenswerte Beschlüsse von einer*m Doppelmandatsträger*in bewusst oder unbewusst blockiert oder ausgebremst werden, da sie ihm/ihr auf der jeweils anderen Ebene Unannehmlichkeiten bereiten könnten, dürfen diese beiden Mandate nicht von einer Person bekleidet werden. Diese Gefahr besteht für die Kommunal- und Landesebene ebenso wie für Landes- und Bundes- oder Europaebene.
Verteilung von Macht
Die Verhinderung solcher Interessenskonflikte und sich daraus potenziell ergebender vom besten Wissen und Gewissen und den Interessen der zu vertretenen Bürger*innen abweichender Entscheidungen trägt außerdem zu einer Verteilung politischer Macht bei. Dieser zuträglich ist außerdem die Begrenzung der auszuübenden Vorsitzfunktionen. Sind alle oder viele Entscheidungsgremien mit denselben Personen in stimmberechtigter Funktion besetzt, wird eine wirksame Diskussion verschiedener Perspektiven und die Abwägung unterschiedlicher Interessen unterbunden oder zumindest ausgebremst. Dies entspricht nicht unseren demokratischen Grundsätzen und Ansprüchen.
Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Engagement und Beruf
Der Parteivorstand (2017: 4) stellt fest: „Wir müssen im eigenen und im allgemeinen Interesse darauf achten, dass die Zahl der von uns wahrgenommenen Ämter, Funktionen und Mandate so begrenzt ist, dass eine verantwortungsvolle Wahrnehmung jederzeit gesichert ist.“ Dies gilt auch auf der kommunalen Ebene. Zu viele Verantwortlichkeiten übersteigen die Leistbarkeit eines Individuums. In der Folge können Ämter und Mandate nicht zu vollem Potenzial ausgeführt werden.
Dies schadet nicht nur unserer Partei und den Gruppen, für die die Amts- und Mandatsträger*innen sich einsetzen sollen, sondern ggf. auch dem/der Funktionär*in selbst. Eine geregelte Begrenzung der Ämter und Mandate kann Überforderung und daraus gelegentlich resultierenden gänzlichen Rückzügen aus dem Parteiengagement vorbeugen. Die Gewissheit, einerseits für eine übernommene Aufgabe genügend Zeit- und Energieressourcen zur Verfügung zu haben, um sie entsprechend der eigenen Ansprüche ausfüllen zu können, und andererseits nicht mit kontinuierlich neuen und zusätzlichen Verantwortlichkeiten überfordert zu werden, verbessert die Vereinbarkeit von parteipolitischem Engagement, beruflichen Verpflichtungen und Familien- sowie Erholungsbedürfnissen ungemein. Dies wiederum macht das Engagement in parteipolitischen Ämtern und Mandaten deutlich ansprechender insbesondere für Frauen und Menschen mit Pflege- und Fürsorgeverpflichtungen.
Förderung neuer und diverserer Talente
Indem wir Ämter- und Mandatehäufung sowie Machtkonzentration entgegenwirken, machen wir außerdem die effektive Förderung und Befähigung von neuen und vor allem diverseren talentierten potenziellen Amts- und Mandatsträger*innen unausweichlich. Statt freiwerdende Positionen und Mandate mit schon bekannten und bereits mit vielen Funktionen betrauten Mitgliedern zu füllen, sind wir unter den vorgeschlagenen Umständen unbedingt angehalten, jungen, diversen und neuen Genoss*innen die Chance zu geben, sich und ihre Perspektiven in hervorgehobenen Positionen einzubringen. Schließlich ist diese Förderung nachkommender Genoss*innen und die Berücksichtigung diverser Lebensrealitäten, Ideen und Perspektiven das Fundament einer modernen SPD in der Zukunft.
Die Vorgabe des Parteivorstandes lässt die Wahrnahme kommunaler Mandate durch hauptamtliche Mandatsträger*innen auf Landes-, Bundes- und Europaebene ausdrücklich zu. Es bietet entgegen der Aussage des Antrages dazu keine Verbotsmöglichkeit. Vielmehr wird generell die Verantwortung der Aufstellungs- und Wahlversammlungen vor Ort hervorgehoben. Der Landesparteitag sollte Ortsvereinen, Unterbezirken und kommunalen Fraktionen auch im Übrigen keine Vorgaben im Sinne des Antrages machen.