79/I/2017 Ehrenamt in Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben – ein Zukunftsmodell

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Status:
Annahme

Der Landesparteitag möge beschließen, ehrenamtlich Tätige in Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) zu unterstützen, neue Anreize zu setzen und auf eine größere gesellschaftliche Anerkennung hinzuwirken.

  1. Ehrenamtlich Tätige in BOS sollen eine „Familienentlastungsprämie“ in Höhe von 200,00 Euro jährlich erhalten, wenn sie 40 Stunden Ausbildung und/oder Einsatzzeit im Kalenderjahr absolviert haben.
  2. Die Unterbezirke und Ortsvereine der SPD werden landesweit einen Dialog mit den Blaulichtorganisationen führen, um auszuarbeiten, welche Art von Anreiz und Anerkennung zielführend sind.
    Die SPD-Fraktionen aller Ebenen werden entsprechende Anträge in ihrem Wirkungskreis stellen.
  3. Die Landesregierung wird gebeten, schnellstmöglich mit den Landkreisen oder kreisfreien Städten Stellen zu schaffen, welche die Jugendarbeit der Blaulichtorganisationen an allen Schulen und insbesondere Grundschulen des Landes koordinieren. Sowie dieses Themenfeld in die Lehrpläne aufzunehmen.
    Die Landesschule und Technische Einrichtung für Brand- und Katastrophenschutz des Landes Brandenburg (LSTE), ist umgehend so auszustatten, dass insbesondere die F- Lehrgänge bedarfsgerecht angeboten werden können.
  4. Anpassung der Fördermodalitäten für den Brandschutz- und die technische Hilfeleistung in den ländlich geprägten Regionen des Landes Brandenburg.
Begründung:
  1. Das Ehrenamt ist der Kit, der unsere Gesellschaft zusammenhält und unser Brandenburg so lebenswert macht. Jedes Ehrenamt ist wichtig und unersetzlich. Es gibt jedoch Unterschiede zwischen jener Gruppe der Ehrenämter, welche Staatsaufgaben erfüllen und im Dienst vorsätzlich ihre Gesundheit oder gar ihr Leben riskieren und der Gruppe der Ehrenämter, welche sich beispielsweise in einem Sportverein engagieren.
    Das Innenministerium hat mit Datum vom 12. Oktober 2017 das Leitbild „Die Veränderungsprozesse im Bereich des Brand- und Katastrophenschutzes im Land Brandenburg erfolgreich bewältigen“ als Entwurf veröffentlicht. Die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) stehen zunehmend vor dem Problem, neue ehrenamtliche Mitglieder zu finden. Dabei spielt es keine Rolle, ob man eine Freiwillige Feuerwehr oder eine Ortsgruppe des Technischen Hilfswerks als Anstalt des Bundes, weit ab von urbanen Verflechtungsräumen, betrachtet.
    Sowohl der demografische Wandel als auch der Konkurrenzdruck in der Freizeitgestaltung werden zunehmen, sodass ehrenamtliche Tätigkeiten im Bereich des Bevölkerungsschutzes gefördert, gesellschaftlich anerkannt sowie Anreize zur Mitarbeit geschaffen werden müssen.
    Die Sicherstellung der Einsatzfähigkeit entwickelt sich zunehmend zu einem Thema mit bundes- und auch landespolitischer Bedeutung. Beispielsweise werden in Thüringen Renten für Feuerwehrangehörige angeboten, die sich allerdings nicht durchgesetzt haben. Sie sind mit bürokratischen Hürden gespickt und die Erfüllung der Voraussetzungen für den Rentenbezug wird regional unterschiedlich bewertet, was zu Ungerechtigkeiten führt.
    In Zukunft wird im Bereich des Ehrenamtes in BOS die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen aber auch die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Ehrenamt an Wichtigkeit zunehmen.
    Gestern wie heute sind es ausschließlich die ideellen Werte, die Menschen in ein bürgerschaftliches Engagement einbinden. Die Wertschätzung durch die Gesellschaft und insbesondere den Arbeitgeber muss langfristig mehr Beachtung finden.
    Es muss gelingen, Optionen für eine sinnvolle Verknüpfung von Familie, Beruf und Ehrenamt zu finden. Auch dies sollte man nicht nur auf den Aspekt der stärkeren Öffnung des Ehrenamtes für Frauen beschränken.
    Neben den ideellen Werten, sind es aber auch finanzielle Anreize, welche Anerkennung ausdrücken und vom Ehrenamt überzeugen können. Wie oben beschrieben, ist das System der Feuerwehrrente ungerecht und für ein sozialdemokratisches Land Brandenburg ungeeignet. Es ist fraglich, ob man mit einem Rentenversprechen eine 20- jährige oder einen 20- Jährigen von der Mitarbeit in der örtlichen Feuerwehr überzeugen kann. Auch die Zahlung von Prämien zu Dienstjubiläen, wie der 10-, oder 20- jährigen Zugehörigkeit, würde auch diese Wirkung verfehlen, da der finanzielle Anreiz erst nach 10 Jahren wirkt.
    Eine steuerliche Begünstigung wäre eine nachhaltigere und sofort spürbare Lösung. Steuerliche Anreize im Rahmen der Lohnsteuererklärung würden jedoch die Personengruppen der Geringverdiener, Auszubildenden, Studenten und Rentner außengrenzen.
    Demnach sollte ganz bewusst eine steuerfreie, freibetragsunabhängige und auf Sozialleistungen nicht anrechenbare Aufwandsentschädigung in Höhe von 200,00 Euro zum Jahresende gezahlt werden. Voraussetzung dafür sind, mindestens 40 Stunden, die der Ehrenamtler in Fortbildung und/ oder Dienst im Jahr geleistet hat. Diese Prämie sollte einen Titel wie beispielsweise „Familienentlastungsprämie“ oder Ähnliches tragen, um insbesondere den Familien Dank und Anerkennung für ihre Entbehrung auszusprechen. Diese Prämie erhalten natürlich auch die Ehrenamtler, welche keine Familie haben und sie ersetzt nicht, die vom Landesfeuerwehrverband Brandenburg geforderte finanzielle Anerkennung zu den Dienstjubiläen.
  2. Man muss ehrenamtlich tätig sein können, ohne dabei Angst um seinen Arbeitsplatz haben zu müssen, insbesondere die Freistellung muss gesetzlich und moralisch stärker verankert werden. Ehrenamtliche Tätigkeiten müssen bei Bewerbungen – um Praktika, Arbeits-, Ausbildungs- oder Studienplätze –positiv berücksichtigt werden. Sei es als Zeichen der sozialen Kompetenz oder als Nachweis von Fertigkeiten, Fähigkeiten und des erworbenen Wissens.
    Der öffentliche Sektor muss hier beispielhaft agieren. Hier wäre eine positive Berücksichtigung von ehrenamtlicher Tätigkeit, beispielsweise im Brand- oder Katastrophenschutz, im Rahmen der leistungsorientierten Bezahlung in Betracht zu ziehen.
    Zur Stärkung dieser Ehrenämter bedarf es eines gesamtgesellschaftlichen Umdenkens. Von der gesonderten Auszeichnungen durch alle politischen Ebenen, über die Ausweitung der Ehrenamtskarte auf kommunale Schwimmbäder, Naturparks und Bibliotheken, bis hin zur Rabattierung der Kita- Beiträge und kostenfreies Parken.
    Die Palette, durch die Anreize geschaffen werden können und müssen, ist sehr vielfältig und sollte nicht nur für die ehrenamtlich Tätigen sondern ebenso für deren Familien gelten. Es bleibt zu oft unerwähnt, welche Belastungen und Entbehrungen Familien und Freunde von ehrenamtlich Tätigen in BOS erleiden, wenn zu jeder Tag und Nachtzeit ein Einsatzfall eintreten kann und obendrein noch Ausbildung und gesellschaftliche Verpflichtungen mit dem Ehrenamt verbunden sind.
    Die Ortsvereine, Unterbezirke, Fraktionen und Hauptverwaltungsbeamten der SPD sind aufgerufen, in den Dialog mit den Blaulichtorganisationen vor Ort zu treten und entsprechende Anreize auf kommunaler Ebene zu beraten und durchzusetzen.
    Die SPD-Fraktion des Landes treibt die Weiterentwicklung der LSTE stetig voran. Dennoch ist es der LSTE derzeit nicht möglich, mit den zur Verfügung gestellten Mitteln und Lehrkräften den gemeldeten Bedarf an Führungslehrgängen für Freiwillige Feuerwehren zu decken. Hier ist umgehendes Handeln erforderlich.
  3. Die Schaffung es Landesblaulichttages, an dem landesweit Aktionen in Kooperation mit Schulen oder sonstigen Einrichtungen durchgeführt werden, wäre denkbar. Um die gesamtgesellschaftliche Anerkennung zu steigern und Hilfe zur Selbsthilfe vermitteln zu können, ist es notwendig, Schulen durch verpflichtende Lehrplaninhalte einzubinden.
    Die Landesregierung wird sich bemühen, die Aufgaben und Inhalte der BOS in die Lehrpläne der Schulen aufzunehmen. Dies vermittelt die Vorbildung, ermöglicht den Erstkontakt und fördert die Einbindung der Jungen und Mädchen in die Jugendabteilungen der Blaulichtorganisationen.
    Zur Koordinierung der Nachwuchsgewinnung, soll jeder Landkreis / jede kreisfreie Stadt, 2 vom Land finanzierte Vollzeitstellen vorhalten.
  4. Die Landesregierung fördert erfolgreich die Beschaffung von Einsatzfahrzeugen für den Brandschutz und die technische Hilfeleistung zur Ausstattung von Stützpunktfeuerwehren. In der Vergangenheit wurden insbesondere Löschgruppen- und Tanklöschfahrzeuge sowie Spezialfahrzeuge, wie Hubrettungsfahrzeuge angeschafft. Die ländliche Prägung großer Teile des Landes Brandenburg bringen mit sich, dass wir ein dichtes Netz an kleinen Ortswehren vorweisen können, welches für die Erreichung der Schutzziele dringend erforderlich ist.
    Es ist zwingend notwendig, die Träger des Brandschutzes mit weniger als 7.500 Einwohnern auch bei der Beschaffung von beispielsweise mittleren Löschfahrzeugen, Tragkraftspritzenfahrzeugen, mit oder ohne Wasser, zu unterstützen. Sinnvoll wäre, die Beschaffung dieser Fahrzeuge wahlweise auch ohne feuerwehrtechnische Ausrüstung anzubieten, um so die Anzahl der zu beschaffenden Fahrzeuge maximieren zu können. Da durch die oftmals flächenmäßige Ausdehnung dieser Kommunen auch eine höhere Anzahl von Wehren notwendig ist, besitzen diese weniger große Einsatzfahrzeuge jedoch wesentlich mehr kleine Fahrzeuge als der urbane Verflechtungsraum.
    Betrachtet man die Relationen zwischen der Einwohneranzahl und der Anzahl von vorzuhaltenden Fahrzeugen um die Schutzziele zu erreichen, verwundert es nicht, dass noch immer vielerorts Fahrzeuge wie der LF 8 – TS 8 LO Robur im Einsatz sind, welche abgesehen vom Alter den heutigen Anforderungen an ein Einsatzfahrzeug schon aus sicherheitstechnischen Gesichtspunkten nicht mehr entsprechen.
    Durch das Kommunale Investitionsprogramm (KIP) des Landes können Feuerwehrgerätehäuser gefördert werden. Auch hier haben ländliche Regionen des Landes andere Bedarfe als der urbane Teil. Vorstellbar wäre, eine kombinierte Förderung aus Mitteln des KIP und der EU- Förderung LEADER zu ermöglichen, sodass Mehrzweckgebäude errichtet werden können. Diese sollen neben der Funktion der Feuerwache auch einen Versammlungsraum erhalten, welcher zu Schulungszwecken aber auch für gesellschaftliche Veranstaltungen verwendet werden kann. Die strenge Vorprüfung der Lokalen Arbeitsgruppen im Rahmen der LEADER- Förderung, sowie die bereits bestehende Kooperation des Ministeriums des Innern und für Kommunales (MIK) mit der Investitionsbank des Landes Brandenburg, sollte es ermöglichen, dass das MIK federführend die Prüfung und Ausreichung dieser kombinierten Förderung vornehmen kann umso auch, bürokratischen Aufwand zu minimieren.
    Dies gilt es umgehend mit einem einheitlichen Fördersatz von 75 v. H. brutto zu ermöglichen.
    Diese gezielten Anpassungen entlasten und stärken weite Teile des Landes Brandenburg und verdeutlichen die neue Anerkennungskultur gegenüber dem Ehrenamt in Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben.
Empfehlung der Antragskommission:
Überweisen an: Landesvorstand
Stellungnahme(n):
Beschlussfassung durch den SPD-Landesvorstand Überweisung an die Programmkommission

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