47/I/2022 Schienenverkehr in der Fläche stärken – Probebetriebe im Land Brandenburg verlängern

Status:
Überweisung

Der sozialdemokratische Teil der Landesregierung sowie die SPD-Landtagsfraktion werden aufgefordert, sich gegenüber den Koalitionspartnern für eine Verlängerung der derzeit laufenden Probetriebe bei Bahnstrecken im Land Brandenburg stark zu machen und ein Auslaufen der Probetriebe unter den aktuellen Bedingungen nicht zu akzeptieren.

Begründung:

Die SPD ist die Partei der Daseinsvorsorge in Brandenburg. Zu unserem Grundverständnis gehört, dass Daseinsvorsorge staatlich gestärkt werden muss und für die Bevölkerung im ganzen Land da sein soll. Wir sind davon überzeugt, dass Daseinsvorsorge nicht der absoluten Marktlogik unterworfen ist, sie muss sich nicht zwangsweise rechnen. Ganz im Gegenteil: Wichtige Bereiche der Daseinsvorsorge werden aus dem Blickwinkel der Notwendigkeit und nicht aus dem Blickwinkel des Profits zur Verfügung gestellt.

Zentraler Bestandteil unseres sozialdemokratischen Verständnisses der Daseinsvorsorge sollte ein Anspruch auf Mobilität überall im Land sein – gewährleistet insbesondere über öffentliche Infrastruktur. Mit der Möglichkeit von Probetrieben hat das Land kleinen Schienenstrecken in Brandenburg die Möglichkeit gegeben für eine befristete Zeit einen Betrieb möglich zu machen. Dadurch konnten zumeist kleine und mittelgroße Orte im eher ländlich geprägten Raum durch neue Verkehrsverbindungen angeschlossen werden und so mehr Menschen in unserem Land der Zugang zum Bahnverkehr geebnet werden. Ein wichtiges Zeichen im Sinne unseres Verständnisses von Daseinsvorsorge.

Die Zeiten dieser Probetriebe fielen aber insbesondere in die härteste Phase der Corona-Pandemie. Fahrgastzahlen und Rentabilität der in Probetrieb genutzten Strecken konnten so kaum festgestellt werden. Zwar erleben wir derzeit eine deutliche Besserung der Corona-Lage und eine neue Normalität – dennoch kann man auch jetzt nur schwerlich von einer Situation wie vor Corona sprechen. Deswegen wäre es falsch, in dem jetzigen Moment schon ein mögliches Scheitern einzelner Probebetriebe festzustellen. Stattdessen sollten wir den betroffenen Strecken die Möglichkeit geben, sich über eine verlängerte Frist zu beweisen. Deswegen fordern wir mit diesem Antrag eine Verlängerung der Probebetriebe um mindestens ein weiteres Jahr. Infrastrukturelle Veränderungen brauchen Zeit und Investitionen, um langfristig angenommen zu werden. Mit einer Verlängerung würden wir den betroffenen Regionen ebenso die Chance geben, nach Corona an der Attraktivität der Strecken zu arbeiten und eine nachhaltige Steigerung von Nutzung und Fahrgastzahlen möglich zu machen.

Darüber hinaus müssen wir uns langfristig die Frage stellen, ob wir es uns als Land nicht leisten können und wollen, kleinere Strecken – wie sie jetzt oftmals in Probebetrieb sind – auch unter der Bedingung, dass sie sich nicht rechnen, aufrecht zu erhalten. Im Sinne eines Brandenburgs der starken Regionen, welches seine ländlich geprägten Orte nicht vergisst, Verbindungen zwischen den Landesteilen schafft und eine echte Daseinsvorsorge in der Mobilität möglich macht, sollten wir dies allemal als Ziel ins Auge fassen.

Abschließend sei gesagt: Im Brandenburger Koalitionsvertrag ist festgehalten, dem Ausbau von Infrastruktur oberste Priorität zu geben sowie das Angebot im Schienenpersonennahverkehr erheblich zu verbessern. Eine Schließung von neu aktivierten Strecken würde dem Koalitionsvertrag da wohl nicht gerecht werden.

Empfehlung der Antragskommission:
Überweisen an: Landtagsfraktion
Stellungnahme(n):
Votum der Landtagsfraktion: erledigt Seit Dezember 2018 gab es auf der Linie RB63 einen Probebetrieb von Joachimsthal bis Templin Stadt. Mit Rücksicht auf die Folgen der COVID-19-Pandemie wurde der auf drei Jahre vertraglich vereinbarte Probebetrieb bis Ende des Jahres 2022 verlängert. Er lief planmäßig zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022 aus. Eine Verlängerung des Probebetriebes erfolgte nicht, da a) die von allen Beteiligten vertraglich festgelegten Fahrgast-zahlen von rund 300 Fahrgästen/Tag nicht erreicht wurden b) die Schieneninfrastruktur derart marode ist, dass darauf größtenteils nur mit geringen Geschwindigkeiten gefahren werden konnte c) ohne hohe Investitionssummen die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet war. Parallel zur Umsetzung des busgestützten „Uckermark-Rings“ wird die Schieneninfrastruktur der Linie RB63 einer Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) unterzogen, um zu bewerten, inwieweit diese dauerhaft reaktiviert werden kann. So sollen die Potenziale für ein langfristig tragbares und attraktives Schienenkonzept ermittelt wer-den. Die Durchführung der NKU soll nach der Benehmensherstellung des LNVP im AIL möglichst noch 2023 in Auftrag gegeben werden